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Superkraft für Landwirte

Ihre Flächen wirtschaftlich zu nutzen und dabei eine Wertschöpfung zu erzielen, ist für Landwirt*innen elementar. Diese Wertschöpfung ist ebenso vielfältig wie die Landwirtschaft selbst und umfasst die Erzeugung von Lebensmitteln und Rohstoffen, die Landschaftspflege sowie den Natur- und Klimaschutz.

Paludikultur als neuer Betriebszweig

Paludikultur ist land- bzw. forstwirtschaftliche Produktion auf nassen Moorböden bei Erhalt des Torfkörpers. Damit ist sie ein Konzept der Bodennutzung, das die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten von Land berücksichtigt und dauerhaft erhält.

Neben der Erzeugung von Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen können durch die Umsetzung dieses Konzepts auch andere gesellschaftliche Bedürfnisse erfüllt werden, insbesondere für den Klima-, Wasser- und Artenschutz. Sie stellt somit einen innovativen Ansatz zur Einkommensgenerierung in der Landwirtschaft dar. Moorböden sind aufgrund ihres hohen Wasserstands mit den herkömmlichen Maschinen und Geräten eines klassischen landwirtschaftlichen Betriebs kaum zu bewirtschaften. Die Ernte von Paludikulturen erfordert daher eine Spezialisierung und Neuausrichtung der Bewirtschaftungsweise der LandwirtInnen und wird somit zu einem neuen Betriebszweig. Der Verkauf von Paludi-Biomasse an die verarbeitende Papier-, Baustoff- und Möbelindustrie eröffnet LandwirtInnen die Möglichkeit, an neuen, innovativen Wertschöpfungsketten teilzuhaben und somit zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen, zudem wird in den nassen Moorböden durch Reduktion von Treibhausgasemissionen und der möglichen Bindung von Kohlenstoff im Boden ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet (Quelle 1).

Perspektive für die Landwirtschaft

Viele Landwirt*innen betrachten sich als Nahrungsmittelproduzent*innen und seit über 20 Jahren auch als Erzeuger+innen erneuerbarer Energien. Die Erzeugung von Biomasse aus Paludikulturen auf organischen Böden kann als ein neuer Betriebszweig für landwirtschaftliche Betriebe mit Moorflächen angesehen werden.

Paludikulturen erfüllen die steigende Nachfrage nach nachhaltigen, umweltfreundlichen Rohstoffen in vielen Branchen. Zudem können strengere Vorschriften für Endprodukte die Nachfrage nach Paludi-Biomasse, beispielsweise im Verpackungs- oder Bausektor, erhöhen. Bei Papier- und Kartonagen kommen vermehrt einjährigen Pflanzen als Zelluloserohstoff als Alternative zu Holz zum Einsatz. Materialien aus Rohrkolben bzw. Schilfrohr besitzen vorteilhafte Rohstoffeigenschaften, u.a. bzgl. Wärmeleitfähigkeit, Schimmelresistenz, Feuchteregulierung und Entflammbarkeit. Produkte aus diesen nachwachsenden Rohstoffen sind ein wachsendes Marktsegment im Bereich der Bau- und Dämmstoffe. (Quelle 2) So werden Rohstoffe aus Paludikultur für Unternehmen zunehmend attraktiv und der Verkauf von Biomasse aus Paludikulturen eröffnet der Landwirtschaft auf nassen Mooren neue Einkommensmöglichkeiten.  

Neuer Betriebszweig

Landwirt*innen betrachten die Bewirtschaftung eines nassen Moorstandortes als einen neuen Betriebszweig.

Wie in allen anderen Bereichen ihrer Produktion streben sie auch hier nach Effizienz (Quelle 1), das heißt, sie möchten möglichst viel Ertrag von Paludi-Biomasse mit einem möglichst hohen Schutz des vernässten Bodens auf ihren Flächen erreichen. Ihnen ist jedoch bewusst, dass dieser neue Betriebszweig teilweise hohe Investitionen erfordert und letztlich die Wirtschaftlichkeit darüber entscheidet, ob und wie viel moorschonende Bewirtschaftung umgesetzt werden kann. (Quelle 2)

Beispiele für die Nutzung nasser Moorböden sind:

  • Bewirtschaftung von Nasswiesen und Nassweiden
  • Anbau von Paludi-Dauerkulturen wie Schilf, Rohrkolben, Rohrglanzgras, Seggen und Torfmoosen
  • Offenhaltung durch Pflege, Wasserbüffel oder Moorschnucken u.a. bei hohen Wasserständen

Außerdem muss die Klimaschutzleistung honoriert werden. Eine Klimaschutzleistung wird erreicht, indem Treibhausgasemissionen gemindert oder vermieden werden, was auf entwässerten Moorböden durch eine Erhöhung des Wasserstands erreicht wird. Bei dauerhaft hohen, moortypischen Wasserständen (flurnah im Winter, etwa 10 cm unter der Oberfläche im Sommer), entstehen die gewünschten torferhaltenden Bedingungen (Quelle 3).

Wirtschaftliche und nachhaltige Nutzung

Paludikultur ermöglicht die nachhaltige Nutzung von Moorflächen, ohne diese weiter zu schädigen. Landwirt*innen können damit neue Einkommensquellen in regionaler Wertschöpfung erschließen, beispielsweise durch die Mahd von Nasswiesen oder gar den Anbau von Rohrkolben oder Schilf. Oberstes Ziel für die Bereitschaft der LandwirtInnen ist dabei, dass die Wirtschaftlichkeit auf nassen Mooren sichergestellt und die neuen Bewirtschaftungsformen finanziell tragfähig ist.

Die Entwicklung entsprechender Wertschöpfungsketten ist somit entscheidend für die Akzeptanz der Wiedervernässung in der Landwirtschaft. Der entstehende Markt im Bereich der Bioökonomie ist vielfältig und entwickelt sich schnell. Gleichzeitig muss die Politik gute förder- und planungsrechtliche Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft auf nassen Standorten schaffen, so dass die torferhaltende Bewirtschaftung für die LandwirtInnen möglich ist und sich lohnt. 

Konkrete Projektbeispiele

  • ArGe Donaumoos

    Bauplatten aus Paludikultur sind derzeit noch nicht verfügbar. Ihre Produktion ist jedoch denkbar, da bereits ähnliche Produkte wie die Strohbauplatte in nachhaltigen Bauten eingesetzt werden. Die Idee, das Stroh durch Paludikultur zu ersetzen, liegt nahe. Paludikulturen werden von nassen, intakten Moorböden geerntet. Durch die hohen Wasserstände und den Anbau von Rohrglanzgras oder Seggen können pro Jahr und Hektar bis zu 53 Tonnen CO2 gebunden werden.

    Weitere Infomationen

  • Niedermoor nutzen

    Die agrotherm GmbH beschäftigt sich mit der Verwertung von Niedermoor-Biomasse aus revitalisierten Mooren. Von 2014 bis 2024 wurden in der betriebseigenen Feuerungsanlage ca. 12.000 Tonnen Paludi-Biomasse thermisch verwertet. Zu den aktuellen Zielstellungen gehören, für 2.000 Hektar Nasswiesen-Paludikultur die Wertschöpfungskette zu entwickeln und im Rahmen des MuD-Projektes MOOReturn in eine Faseraufbereitungsanlage zu investieren.

    Weitere Informationen

  • LivingLab Teufelsmoor

    Die angepasste landwirtschaftliche Nutzung vormals entwässerter Moorflächen und Einrichtung innovativer Wertschöpfungsketten für die in Nassbewirtschaftung erzeugte Biomasse im niedersächsischen Teufelsmoor / Landkreis Osterholz stehen im Zentrum des Projektes.

    Weitere Infomationen

„Um den Aufwuchs von Moorböden zu fördern, bedarf es einer echten, alternativen und funktionierenden Wertschöpfungskette, die auch bei erhöhten Wasserständen funktioniert. Hier sind Politik, Gesellschaft, verarbeitende Industrie sowie die Landwirte gefordert. Dabei sollte es nicht um eine pauschale finanzielle Unterstützung gehen, sondern um eine gezielte Förderung für ein selbsttragendes Geschäftsmodell.“
Dag Frerichs, Geschäftsführer Osterhof und Co-Sprecher der AG Landwirtschaft im Projekt PaludiAllianz